manifest

wir starten etwas neues.
der beschluss ist: ab heute.
von hier aus geht jetzt etwas aus.
und sie sind dabei.
sie dürfen das auch gerne belächeln.
aber sie sind jetzt schon dabei.
wir können nun etwas genauer sagen, bei was.
und es ist etwas.
das wissen wir genau.
das köchelt nun schon zehn jahre. und drei tage.
und sie sind dabei.

diese bewegung, diese vibration, wenn sich die dinge verändern.
spüren sie das auch?
wir können was bewegen.
wir können teil einer bewegung sein.
ich möchte teil einer bewegung sein!
spüren sie das?
spüren sie das auch?
wir können wachsen.
wir können wuchern.
wir haben doch pfunde, mit denen wir wuchern können.
wir sind doch keine waschlappen.
keine wirtschaftswunderwächter*innen.
keine besitzstandswahrer*innen.
wir können doch vehement sein.
wir wollen was.
wir wollen nicht nur die wohlige wärme der wunderwelt der waren.
wir wollen was.

wir wollen, dass es werte gibt jenseits der wertschöpfung.
wir wollen, dass es wärme gibt jenseits der welterwärmung.
wir wollen wirkung zeigen jenseits der wahlen.
wir wollen, dass es wunder gibt jenseits der wirtschaft.
wir wollen, dass es wow ist.
wir wollen, dass es wumms macht jenseits von waffen.
wir wollen, dass es weiblich ist in der welt jenseits von wonderbra und weiblichen wirkstätten.
wir wollen nicht die weiblichkeit, nicht die männlichkeit.
wir wollen wohnen jenseits von wohnungswahnsinn.
wir wollen wasser jenseits von wirtschaftsspekulation.
wir wollen wahlen jenseits von wahnsinnigen.
wir wollen wale ohne plastik.
wir wollen wachstum jenseits von wertschöpfungsinstituten.
wir wollen auf den wolken reiten jenseits von kerosinschleudern.
wir wollen unsere wörter zurück jenseits der wunderwaffe wort.
wir wollen identität und heimat jenseits von faschismus und
populismus.
wir wollen wum und wendelin.
wir wollen wim wenders, ai wei wei und wong kar-wai statt kim yong un, xi jinping und harvey weinstein.
wir wollen warschau und moskau jenseits von pis und wladimir putin.
wir wollen das wahre, nicht die ware sein.
wir wollen widerstand jenseits von gewaltwillkür.
wir wollen wieder stand – statt uns den boden der demokratie von
reaktionären retrotopisten unter den füssen wegziehen zu lassen.
wir wollen weiche eier statt harter hunde jenseits von weicheiern und wutokraten, von egomanen narzissten.
wir wollen den wettbewerb der besten visionen, statt wetten auf
wertpapiere.

wir wollen ausverkauft sein jenseits von finanzieller absicherung.
wir wollen viele äthetiken jenseits von ‚nicht wissen, was wir wollen‘.
wir wollen mit menschen, die wir lieben, das machen, was wir lieben.
jenseits von althippie-parolen und jenseits vom glitzer-yoga-lifestyle.
wir wollen fäuste ballen jenseits von aggression.
wir wollen verschobene wahrnehmungen jenseits psychischer
erkrankungen.
wir wollen anwesend sein.
wir wollen anwesenheit der abwesenden jenseits von blackfacing.
wir wollen im diskurs sichtbar sein jenseits von ‚political corectness‘.
wir wollen wissen, wie es ist, unsichtbar zu sein.
wir wollen wissen, wie es ist, auf der strasse nicht angestarrt, beleidigt oder angegriffen zu werden.
wir wollen von anderen nicht immer wieder und wieder
bewertet werden.
wir wollen wiederholung ohne uns zu wiederholen oder überholen
zu lassen.
wir wollen wohlwollen jenseits von wohl wollen, aber nicht handeln.
wir wollen kein ‚wir‘ sein, dass ‚euch‘ ausschliesst.
wir wollen sternchen statt sprachpurist*innen.
wir wollen ‚hier ist vielfalt‘, statt ‚hier ist viel alt‘.
wir wollen wache macher*innen jenseits von wachmachern und
wachmännern.
wir wollen wichtig sein jenseits von wer-ist-wer-in-der-welt.
wir wollen innehalten jenseits von stehenbleiben.
wir wollen uns mit verve hineinwerfen und gefangen werden. von uns. ohne choreographie.
wir wollen über unsere körper sprechen, sie anfassen, sie spüren,
sie teilen.
wir wollen uns vertrauen, aufeinander einlassen.
wir wollen uns ungefiltert hingeben.
wir wollen ausgesetzt sein, unsere augen schliessen.
wir wollen rücksichtsvoll sein, unsere augen offen halten. unsere ohren auch.
wir wollen aushalten.
wir wollen uns verändern dürfen, widersprüchlich und inkonsistent sein.
wir wollen nicht in rollen denken, weder auf der bühne noch in
unserem alltag.
wir wollen schwäche zeigen jenseits davon, die schwachen zu sein.
wir wollen zucken.
wir wollen zappeln.
wir wollen zittern.
wir wollen staubsauger sein.
wir wollen schwämme sein.
wir wollen unseren herzschlag wieder hören.
wir wollen euren herzschlag wieder hören.
wir wollen unsere geschichten erzählen.
wir wollen alles sagen.
wir wollen sagen, dass wir schon alles gesagt haben.
wir wollen glauben, dass ihr uns das nicht glaubt.
wir wollen laut sein.
wir wollen still sein.
wir wollen weiterhin schlecht mit anfängen und enden sein.
wir wollen nicht wissen können, wann man klatscht.
wir wollen das ineinander.
wir wollen das übereinander.
wir wollen das untereinander.
wir wollen das miteinander.
wir wollen ein rhizom sein.
wir wollen herumwandern, herumwundern.
wir wollen alles kontextfrei sehen können.
wir wollen kontexte kennen und sie beachten.
wir wollen uns ständig spiegeln, unsere silhouetten festhalten um frei von ihnen gehen zu können.
wir wollen uns auseinandersetzen, um uns dann wieder
zusammenzusetzen.
wir wollen überfordert sein. mit uns überfordert sein.
wir wollen beim zähneputzen andere gesichter als unsere sehen.
wir wollen uns da sehen, wo wir selbst noch nicht sind.
wir wollen mehr laminierte geschenke.
wir wollen den ganzen mond.
wir wollen neue räume.
wir wollen theater in allen räumen, ohne in räumen spielen zu müssen.
wir wollen raum für veränderung.
wir wollen wild sein.
wir wollen rock’n’roll.
wir wollen über unsere alpträume sprechen.
wir wollen mehr regenfeste aussenfluter.
wir wollen weniger ‚hast du die mail schon gelesen?‘ und mehr ‚wir
machen das einfach!‘
wir wollen, dass carina öfter ‚grossartig!’ und yunus weniger ‚einmal mit profis arbeiten!‘ sagt.
wir wollen die intensive energie, die wir hier aufgebaut haben,
weitertragen.
wir wollen uns ausserhalb von projektphasen treffen.
wir wollen unabhängiger agieren.
wir wollen, dass mehr junge leute übernehmen.
wir wollen potentiale nutzen und sie nicht als ressourcen verstehen.
wir wollen mehr festivals. und ein bisschen schlaf.
wir wollen diversität.
wir wollen eine linie finden.
wir wollen regelmässigkeit und konstanz.
wir wollen präsent sein.
wir wollen intensiver sein.
wir wollen mehr produzieren.
wir wollen ständig produzieren.
wir wollen ein helferinnenfest, für alle die mitgewirkt haben.
wir wollen hierarchielos bleiben.
wir wollen die augenhöhe.
wir wollen das kollektiv.
wir wollen es einfach machen.
wir wollen alles aufschreiben und nichts vergessen.
wir wollen listen, die nie fertig werden.
wir wollen immer neue wunschforderungen formulieren.

wir wollen leistung.
wir wollen familie.
wir wollen glück.
wir wollen offenheit.
wir wollen klump.
wir wollen euphorie.
wir wollen stress.
wir wollen spass.
wir wollen grenzerfahrung.

wir wollen performativen aktivismus.

wir wollen was.
wir wollen mehr.
wir wollen herausfinden, wie es geht.
wir wollen es versuchen. tausend mal.
wir wollen bleiben.
und sie sind dabei!


vielen dank an saskia taeger für die tolle vorlage.

von david castillo (2019)